Catharina Regina                   Über die Unendlichkeit Gottes

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Du ungeendter Gott / doch einigs End und Ziel

des Wunder-bunten Runds! das ganze Wesen gehet

aus dir! und auch in dich: in dir sein Ziel bestehet /

der du / unzielbar selbst / hast doch damit dein Spiel.

   

Weil auch in mich ein Strahl zu schiessen dir gefiel

von deinem Vnursprung / den Geist mir eingewehet:

so gib / daß er sich stäts zu seinem Ziel erhöhet.

Laß sein Vrwesen ihn aufziehen gar subtil.

   

Ach gib ihm / wann das End der Endlichkeit vorhanden /

ich meyn / des Erden-Theils des Leibes: daß er sich

recht schwing' in seinen Punct / entfreyt von eitlen Banden /

   

Leb / wo von Ewigkeit er war auch ewiglich!

zum Gegen-Ziel / zur Höll / laß ihn nicht seyn entstanden!

Gib / daß dein Will / mein Heil / fort geh' und ich in dich.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                  

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        O JEsu mein Lieb / du flammen-brunn der Seelen /

   du kwell der lieblichkeit! vermehrer der begier /

   im höchsten überfluß / du höchste wunder-zier!

Leg deinen Geist-geschmak in meiner seele kehlen.

 

Laß den Lieb-Nectar-thau / in meine Seele quellen:

   daß ich / der erden todt / ganz himmlisch leb in dir /

   vor starkem geistes-trieb / dich ehrend nur mich rühr.

Ach! wollest den verstand / mit deinem licht erhellen.

 

O brünstigs menschen-heil! wie wallet deine gunst!

   wie siedt das Liebe-Meer / von wolthuns-lust verlangen!

   wie übt sich / uns zur freud / die weise Ordnungskunst /

 

daß wir durch deine Pein / auch ganze See empfangen /

   von Himmels-süssigkeit. Das ewig wird dir lang:

   drum läst du / deine gnad / thun manchen übergang.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                  

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Herz / werde voller glut! Begierde / sitz entglühet!

   ihr adern / wallt und springt / zerschmelzet krafft und geist /

   fliest in die lob-wort' aus! daß JEsus werd gepreist.

Ihr glieder allzumal / seit mit dem dank bemühet.

 

Ach! daß der mund mit Lob / wie eine rose blühet!

   O meine lippen / euch auf seinen preiß befleist /

   belebten Balsam-strich / voll ruhmes-ruch / erweist.

Der Seel entworfnes bild / die dankes-pflicht / volziehet!

 

Du Schöpfer-preißerin! rühr keinen bissen an /

   kost keinen labung-saft: du hast dann lob gesaget /

   der lobs-unendlichkeit. Ihr füße! mich nicht traget /

 

macht fallen auf die knieh / wie ich gelübd gethan.

   Vor alles geh sein Preis / den du / O hand! erkiest /

   zu schreiben / daß sein Ehr in aller welt man list.

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über mein unaufhörliches Unglück

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Ach ungerechtes Glück! hast du denn schon vergessen

dein alte Wankel-Art und steten unbestand /

daß du mich also quälst mit unermüdter Hand?

ist denn der wechsel aus / der dich so lang besessen?

 

wilst du mein Herzen Blut durch thränen außher pressen.

du lösest nur der freud' / und nicht des Elends / band.

ach leider Ich versink in diesem Jammer strand.

es ist die Unglücks Flut zu tieff / und nicht zu messen.

 

Ich siehe keine Hülf und Rettung aus der Noht

vor mir das Meer / die Berg' auf seiten / ruckwerts Feinde.

wann seine wunder-Macht mir nicht erzeigt mein GOtt /

 

so ists mit mir geschehn; doch / hab' ich den zum Freunde /

es geh' auch wie es woll / so bin ich schon vergnügt.

Ein dapfers Herz auch wol im grösten Unglück siegt.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Gegen Amor

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Der kleine Wüterich mag mit den Pfeilen spielen

und tändeln, wie er will: er gewinnet mir nichts ab,

weil gegen seine Pfeil ein Demant Herz ich hab.

Er machet mich nicht wund, ich darf nit Schmerzen fühlen.

 

Er mag mit tausend List auf meine Freyheit zielen.

Ihm ich, dem blinden Kind, ein Zucker-Zeltlein gab:

er meint', es wär mein Herz. O leicht-geteuschter Knab!

Ich will mein Mütlein noch an deiner Einfalt kühlen.

 

Schau, wie gefällt dir das! trotz, spräng mir diesen Stein

mit deinem goldnen Pfeil. Der Lorbeer soll mich zieren,

nicht deine Dornen-Ros' und Myrten-Sträuchelein.

 

Du meinst es sey nur Scherz, ich wolle mich vexiren.

Nein! nein! die süße Ruh soll mir das Liebste seyn,

mein dapfers Herz soll nichts als Ruh und Freyheit spüren.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf Gottes tiefe Wunder-Verzückung

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Als an dem Meergestad der Wunder ich spazieret

Und in Betrachtung mich der tiefen Tief vertieft,

Bedünkt mich, daß ein Schall mir aus den Wellen rieft:

Dich hat des Himmels Schluß zu diesem Fluß geführet,

 

Daß unergründlich werd sein Erzabgrund gespüret.

Kein Anker oder Blei den Gnaden-Sandgrund trifft,

Doch mit dem Glaubenskahn er glücklich wird beschifft.

Ein ferne reis zum Preis des Himmels dir gebühret.

 

Die Walfisch seiner Kraft ein große Wasserquell,

Daß sich dein Schiff empor könn heben, schnell ergießen;

Der Wunder-Wellen-Schwall wird es so stark fortschießen,

 

Daß deinem Sinn-Begriff sein Glückes-Lauf zu schnell.

Jetzt sei dir unsre Flut ein Spiegel seiner Zier;

Dann werd ein Fluß, daß sich die Nachwelt schau in dir.

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Von dem allerheiligsten Jesus-Blut-Schweiß

von Greiffenberg                          und andern Blutvergießungen Jesu

1633 -  1694                                       

Mein blut-beperlter Schatz, mein Purpur-Paradeis,

Mein blut-zerfloßnes Herz und ausgepreßte Traube

Durch höchster Traurigkeit herzschmelzlichst harte Schraube,

So daß man durch erzwang auch blutgen Marter-Schweiß;

 

Gott-goldnes Erz-Herz-Erz, wie machet dir so heiß

Die Sünd- und Zornes-glut, auf daß sie sich beraube

des innern Kraft-Kern-Geists. Ach! fang ihn auf, mein Glaube;

Dies göttlich Purpur-Blut macht engel-schön, schnee-weiß,

 

Mein Gottes-Wunder-Wurm, bau um mich her dein Haus,

Umgib mich tausendmal mit deinen Blut-Karfunkeln;

Ach! daß in meiner Seel sonst nichts nicht möchte funkeln!

 

Ach! stoß die ganze Welt aus meinem Sinn hinaus,

Dies wär allein für mich ein Paradeises-Garten,

Nichts als nur Jesus Leib und Blutes abzuwarten.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die unaufhörliche Gottes- und Tugend-Liebe

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Wenn Ätna, speis-beraubt, aufhörete zu brennen,

Das schwallend-wallend Meer ließ den beschwemmten Grund,

Wenn Thetis' Wohnplatz, wo jetzt Adler schweben, stund,

Wenn man vor Wellen nicht die Alpen mehr würd kennen,

 

Wenn sich der Kleine Bär vom Angelstern würd trennen,

Nach dem Eisens Ziel zu wenden sich begunnt,

Wenn alles Wechsel trieb im wunder-bunten Rund,

so bleibt doch meine Treu im himmel-steten Rennen.

 

Der Geist, so himmlisch ist, folgt seinem Ursprung-Trieb;

Es mag Vergänglichkeit, sobald sie will, vergehen;

Denn ewig - gleich wie er - bleibt seine Frucht, die Lieb.

 

Kein Irdischheit sich darf zu dämpfem unterstehen,

Was Tugend in den Bund mit Ewigkeit verschrieb.

Die Welt wird diesen nie - wie er sie - brechen sehen.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Mein Himmlischer Löw

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        MEIN HIMMELISCHER LÖW! der alle Fahr bestanden

Und überwunden hat, gib mir auch Löwenmut,

Daß für dein Lehr und Ehr ich setze Leib und Blut

Und breit es kühnlich aus in vieler Löwen Landen.

 

Manch alle Gegen-Tier in diesem Streit zuschanden!

Verlisch und lisch ihr Licht vor meiner Himmels-Glut,

Die einig deine Ehr nur sucht, o höchstes Gut!

Gib, daß die Adler ich bestrick mit Glaubens-Banden.

 

Ich lechz und brüll vor Gier, auf sie bald loszugehn.

Nicht Freunde nur, ja selbst die Löwen ich verlange,

Daß meine herz-scharfe Klau mit Kraft und Macht sie fange.

 

Es kann dem himmlischen kein Erd-Löw widerstehn,

Wie feurig er auch ist. Des Himmels-Löwen Mark

Ist Gottes Geist und Wort: drum ist er siegend stark.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Das beglückende Unglück

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Es dunken uns zwar schwer die Kreuz- und Trübsalzeiten,

Jedoch sie nach dem Geist sehr nutzlich seind und gut,

Dieweil, den Palmen gleich, der christlich Heldenmut

sich schwinget hoch empor in Widerwärtigkeiten.

 

Man pflegt mit großer Müh die Kräuter zu bereiten,

Eh man das Öl erlangt, der Kräuter Geist und Blut;

Man brennt und läutert sie bei mancher heißer Glut.

So will uns Gottes Rat auch zu der Tugend leiten.

 

Es muß das Spiegelglas sehr wohl geschliffen sein,

Sonst ist es nicht gerecht und wirfet falschen Schein.

Der Mensch, in dem sich Gott bespiegelt, soll er leuchten,

 

So muß durch Kreuzesstahl er werden zugericht.

Allein in Unglücksnacht sieht man das Licht im Licht.

Uns nutzt das Kreuz als wie dem Feld das Taubefeuchten.

 

 

Das Tugend-ersprießliche Unglück

 

Der blaue Himel gibt nicht fruchtbar-sanfften Regen.

Es treuffet keinen Thau der strahlende Mittag.

Der schöne demant auch zu nehren nicht vermag.

man muß, will man zum Port, das Wasser ja bewegen.

 

Die Traid-bekleidten Berg, nit Gold und Silber hegen.

So kan die Tugend auch nit blühen sonder Plag.

in gutem Glück sie grob ohn’ allen Glanz da lag,

in Müh und Arbeit wolt der Höchst den Segen legen.l

 

im sauren Meer, und nicht im süssen wachs Palast,

die theuren Perlein seyn. Also, in vollen Freuden

wird keine Himmels Zier, kein Tugend, nicht gefasst:

 

Ihr Balsam-Geist riecht nur im Schmerz-geritzten Leiden.

Die Sonn müßt, solt ein Land sie stets bescheinen, stehn.

wann keine Nothnacht wär, würd kein Lust-Sonn aufgehn.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                  

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Wie wann der grüne May die Felder tapeziret

mit Schmetzwerck der Natur, das Bienlein freyen flug

auf frische Blümlein nimmt; mit künstlich-edlem Zug

und angenehmen Raub, ihr Nectar draus formiret:

 

Also der Himmelsgeist berühret unanführet

mein Freulein, euren Geist, daß er wahrhafftig klug

nimmt weid’ in Gottes Wort; uns kostfrey und genug

erwünschtes Honig schenkt, draus man viel Nutzen spühret.

 

Dort wo der Wiesen Schoß heilsame Kräutlein trägt

das Bienlein wohnet gern: Eur keuscher Geist sich setzet

auf reines Blumwerk nur und guten Einfall hegt.

 

Deß Bienleins Stachel offt empfindlich hart verletzet:

der Stachel eurer Wort uns sanft das Hertz bewegt

und es ohn Schmerzenstich mit Süßigkeit ergetzet.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Demütiger Entschluß, Gott zu loben

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Was fang’ ich an? was untersteh’ ich mich,

das höchste Werk auf Erden zuverrichten?

mein schlechtes Lob wird ihn vielmehr vernichten.

Er ist und bleibt, der Höchst geehrt für sich.

 

Fahr fort, mein’ Hand preiß Gott auch inniglich:

befleiße dich, sein Wunder-Lob zu dichten!

Du wirst dadurch zu mehrerm in verpflichten,

daß Er mit Freud auch wunderseeligt sich.

 

Laß Lob, Ruhm, Preiß, zu wett den Engeln klingen

mit Lust: ists schon so Heilig lieblich nicht,

und nicht so hoch, noch mit solch hellem Liecht:

 

Gott weiß doch wol, daß sich nicht gleich kan schwingen

die kleine Schwalb dem Adler: Ihm beliebt,

was treu gemeint, ob es schon schlecht verübt.

 

 

 

 

Catharina Regina                   Von der hohen Erschaffungs Gnade

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Herz, deine Heiligkeit, sich selber zu besehen

Hatt’ eine Gottes-Lust. die Allheit fund’ in ihr

ein reichs Ergötzungs-Feld, betrachtend ihre Zier.

Sie konte, Süßheit satt, auf Wollust-Weiden gehen.

 

Verstand, hat tiefen sinn’, sich selber zu verstehen.

Ihr’ Allvergnügung fand’ in dir auch, die Begier.

der Wille hatt geschöpft sein wollen nur aus dir.

daß du uns schufst, geschah allein uns zuerhöhen.

 

Ach Abgrund-guter Gott! Ach wesentliche Gnad,

unausgesprochne Lieb, wie soll ich dich nur loben,

dich Gut im äußersten ja nie erreichten Grad?

 

Wir und das ganze Seyn, seyn deine Wunderproben.

wann deine Gnad nicht wär, wir wären alle nicht.

gib, daß, als Strahlen, wir gehn lobend’ in ihr Liecht!

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Gottes Wunder Würkung in der

von Greiffenberg                   Schwach- und Nichtigkeit

1633 -  1694                                       

Gott, der die ganze Welt aus nichts zu nutz erbauet,

erwehlt zum Wunder-Zweck ein selbst bekenntes Nichts,

in Dunkelheit erscheint die Klarheit eines Liechts,

nachdem die Allmacht hier ihr was zu würken trauet.

 

Ihr eigen, dieses Werk, man geist-entzückt anschauet,

die sich in Schwachheit übt, macht in der Ohnmacht Ichts,

springet ihr auf Heldisch bey mit Hülf des Angesichts,

und allvermögens Safft auf ihre Dürre thauet.

 

Mein Gott, wer sich dir lässt, dem lässt du deine Krafft.

Der Erde Feuchtigkeit, wenn sie die Stern’ auftrinken,

wurd’ hier auf ihr ein Koht, drt Glükk und Lebenssafft,

 

pflegt in die Edlen theil der Edelsten zu sinken.

Gar gern will ich gestehn, daß ich nur Staub und Erd:

auf daß dein’ Herrlichkeit in mir erfunden werd.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über Gottes gnädige Vorsorge

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Ach, hoher Gott, vor dem die Sternen gleich dem Staube,

die Sonn’ ein Senffkorn ist, der Mond ein Körnlein Sand,

der ganze Erden Ball ein Pflaumen auf der Hand.

verwunderns voll hierob, ich mich schier ganz betaube.

 

Wann deine Haubtobacht’, auf mich ein nichts, ich glaube,

ja! reich erfahrner spür’, im Tausendschickungs-Stand:

so scheints, auf mich allein sey all dein Fleiß gewandt.

nur dieses Wunders Art zu preißen mir erlaube.

 

Ich bin ein nichts, aus nichts: durch deine Gnad so viel,

daß deiner Güte Mäng’ ich ein eintreffends Ziel.

der Menschen böser Sinn möcht diß vor Hoffart achten.

 

Doch ists der Demutgrund, Gott, deine Werk betrachten.

Ich bin, wie ich gesagt, ein Nichts: mein Alles du.

hat (Wunder!) Allheit dann in Nichtes ihre Ruh?

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über die Wunder verzuckende

von Greiffenberg                   Himmlische Vorsehung

1633 -  1694                                       

Du Wunder Völligkeit, du Allbeherrschungsmacht!

du unerschätzter Schatz der tieffen Heimlichkeiten!

du kunst geübter Sinn, begebnuß zu bereiten!

du hast was ist, was war, was künftig, schon betracht:

 

Auf deiner Vorsicht Raht, ist schon ins Werk gebracht,

der Allmacht Pracht-Geschöpf, bestimmt den folgezeiten.

Durch tausend Wunder Wind ein Stäublein hinzuleiten

zum höchsten Ehren Ziel, hast herzlichst ausgedacht.

 

Ich wunder mich ob dem, was billich mich solt dunken.

Gott, weil du alles bist, so kanstu alles thun.

dir ist der Widerstand, als wie dem Meer ein funken,

 

als wie der Ewigkeit ist hier ein kurzes Run.

Du kanst so höchlich mich, mein Herrscher, nicht begeisten:

ich glaube, hoff und weiß, du kanst es höher leisten.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die seltene Schick- Verstrick-

von Greiffenberg                   und Erquickung Gottes

1633 -  1694                                       

Weißeste Schickung, wer kan dich ergründen?

Heilig hoch, Weißheit tieff, Wunder versenkt!

Göttliche Heimlichkeit seltsamest lenkt,

machet oft Hafen und Sternen verschwinden.

 

Oftermals muß auch Erlösungs schnur binden,

daß man sich gänzlich verstricket gedenkt:

Freyheit doch wunderlichst wider uns schenkt,

lässet den Faden in Fäßeln offt finden.

 

Adler gehören, daß Göttlicher Macht

sondre Wunder man herrlichst betracht.

Glaubens-Gedanken in etwas hinreichen,

 

weil sie der GOttes-Lieb Klarheit zustreichen,

Völlige Zuversicht, Reiches versehn,

sollen als Strahlen, in dieses Liecht gehn.

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die erniedrigende Erhebung

von Greiffenberg                   und erhebte Nidrigkeit

1633 -  1694                                       

Es führt ein Wunder thun der Herrscher aller Welt:

wen Er erheben will, der muß die Knie vor biegen.

der muß ohnmächtig seyn,  der neue Krafft soll kriegen.

wer ganz nichts von sich selbst, von dem er etwas, hält.

 

Die Glut, würkt nach dem Ding, das ihr ist vorgestellt,

nach dessen Art sich pflegt der Brunst gestalt zufügen.

GOtt stutzt die Flügel erst, eh Er uns läßt auffliegen.

Leib-eigen muß man seyn, so herrscht man wie gemeldt.

 

O unersinnter Sinn! wer kan dich doch begreiffen?

du bist ja der Vernunft ein unerzieltes Ziel,

die man in diesem Meer der Weißheit muß ersäuffen.

 

Die Vrsach-ursach ist, dein hoher Lebens Will,

daß süß- und schöne Frücht’ im Allmachts Herbste reiffen.

wer GOtt gelaßen ist, mit dem hat Er sein Spiel.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   GOTTes Vorsehungs-Spiegel

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Der Kasten schwebte schon, HErr GOtt, in deinen Sinnen,

als sich der Himmel trübt und sich die Flut anhebt’.

Eh die alt’ Erd’ ertrank, schon in der neuen lebt

der beeder Welten Held, auf deines Rahts schaubühnen.

 

Das Feur war schon gekült, als jene Drey darinnen.

Auch David war gekrönt, weil er in Elend schwebt.

das Weib war schon entzuckt, eh ihr der Drach nachstrebt.

GOtt pflegt die Schnur, eh man in Irrgang kommt, zu spinnen.

 

Die Schlange war entgifft, eh Paulus sie berührt.

der Freuden-Lehre Liecht brann schon in GOttes wißen,

ehe man ein Füncklein noch in allen Seelen spürt.

 

Vor Unglücks Schickung, ist der Höchst auf Hülff beflissen.

drüm folget ihm, wie fremd und seltsam Er euch führt.

sein Hand hat aus der Höll, geschweig aus Noht, gerißen.

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die unverhofft-wunderliche

von Greiffenberg                   Vorsehung Gottes

1633 -  1694                                       

Wann jedes Körnlein Sand, hätt  Weißheit, Kunst und Sprachen,

wie Salomon, Virgil, und Cicero hehabt:

Ja wann sie mit der Stimm der Engel selbst begabt:

noch köntens GOttes Lob nit gnug erklingen machen,

 

das Lob, daß er erwirbt, mit seinen Wundersachen:

in dem Er, wen sein’ Hand gedrücket, wider labt.

vor seinem Gnaden Blick ein Donner vorher trabt.

Verheißt Er Sicherheit, beginnt das Schiff zu krachen.

 

Hingegen wann ich denk, ich bin im tieffsten Meer,

so bin ich unverhofft im Hafen eingelossen.

auf Sicherheit kommt Noht, auf Noht der Hülffe Heer.

 

Man hat das Freuden Ziel offt unverhofft getroffen;

wie jene Spanier den Port zu Catharin

gesuchet, waren doch schon unverhofft darin.